Japan – eine Gesellschaft, die unvergleichbar ist. Wo Emotionen in der Öffentlichkeit verpönt sind, Männer bei Volksfesten aber trotzdem im Tanga herumspazieren. Wo eine Stadt der Superlative wie Tokyo 16 Millionen Einwohner hat, die Autos aber einem Smart Konkurrenz machen können. Wo gearbeitet wird bis zum Umfallen und ein freies Wochenende als Urlaub bezeichnet wird. Wo alle im Business-Outfit in Schwarz und Weiß herumlaufen, sich in der Freizeit dann aber als Manga-Figur und Samurai verkleiden….

Über Japan gibt es nach nur einem Monat Aufenthalt so wahnsinnig viel zu erzählen. Die meisten Geschichten haben einfach damit zu tun, dass das Land so anders ist. Die Inseln, auf denen Japan liegt, haben sich komplett eigenständig fern vom Rest der Welt entwickelt. Alte Traditionen wie das Tragen vom Kimonos und Sportevents wie das Sumo-Ringen werden weiterhin hochgehalten und sind Teil des Nationalstolzes. Hier spielt natürlich auch die wahnsinnig fortgeschrittene Technik eine große Rolle. Die Japaner wissen, was sie gut können und die Liste ist nicht kurz. Wir waren jedes Mal aufs Neue erstaunt, was so alles aus dem Hause Japan stammt: Nintendo, Sony, Olympus, Canon, Subaru, Nikon, Seiko, Uniqlo etc. Googelt einfach kurz, ihr werdet erstaunt sein, was hier noch alles hinzukommt.

Alles was nicht passt, wird passend gemacht!

Egal wo man sich gerade befindet, ob im Hotel, einem Geschäft, am Bahnhof oder in einer Wohnung, alles ist bis aufs letzte Detail durchdacht. Jeder Quadratmillimeter an Fläche wird effizient genutzt und jedes noch so banale Alltagsproblem wird in Japan mit einer raffinierten Erfindung gelöst. Auch für das Zeitproblem gibt es die perfekte Lösung: da fährt der Zug einfach kurzerhand im Schnitt mit 300-350 km/h. Ist doch viel produktiver für den Tag, oder? Selbst wenn man keine Ahnung hat, was diese ganzen japanischen Zeichen eigentlich bedeuten, ist es wahnsinnig einfach als Tourist durch das Land zu reisen. Das fängt zum Beispiel bei den Restaurants an. Jedes einzelne zeigt seine Gerichte in Plastik-Miniatur-Version entweder in der Auslage oder vor dem Eingang. Einmal hinzeigen reicht und jeder versteht diese Bestellung. Oft wird die verbale Kommunikation mit dem Kellner sowieso nebensächlich, da Automaten am Eingang des Restaurants die Bestellung und auch die Bezahlung erledigen.

Diese Organisierte, Kalkulierbare und Strukturierte hat aber auch seinen Nachteil: Emotionen werden in der Öffentlichkeit nicht gezeigt. Das beinhaltet nicht nur die Beziehung zwischen Mann und Frau (Nein, keine Küsse, auch kein Händchenhalten und bitte unbedingt 30 Zentimeter Abstand einhalten), sondern auch die Mimik der Japaner. Selten kommt ihnen ein Lächeln aus und es scheint, sie sind immer in Dauerstress.

Wenn die Japaner auftauen

Hier kommt das große ABER! Wir hatten das Glück an zwei großen Festen in Japan zu sein: bei der Feier in einem der größten Tempel in Tokyo und bei einem Fest zur Begrüßung des Sommers in Hiroshima. Hier ist alles anders. Statt Schwarz-Weiß tragen alle bunte Kimonos mit kleinen Papierfächern und Blumen im Haar. Das traditionelle Outfit der Männer beschränkte sich in Tokyo tatsächlich nur auf einen Tanga. Es wird getrunken, gegessen, getanzt, gefeiert – alles was auch wir in Europa ganz gut können. 😉 Das Beste daran: die Japaner tauen auf. Hier haben wir auch definitiv die meisten japanischen Bekanntschaften (und es waren in der Tat nicht viele) geschlossen. In Tokyo hat uns kurzerhand „Masa“ einen Nachmittag die Stadt gezeigt. Die Verständigung in Englisch war eher brüchig, aber lustig war es trotzdem. Außerdem machte es ihm sichtlich Spaß uns als seine Vorzeigetouristen allen in der Nähe befindlichen Personen vorzustellen. In Hiroshima wollten plötzlich ein paar Japaner Fotos mit uns machen. Das kam davor nie vor. Starren ist in Japan nämlich nicht erlaubt, daher wird die Neugierde einfach unterbunden und keiner beachtet uns. Im Vergleich zu Indien, wo die Leute glauben ein weißhäutiger Alien ist gelandet, eine nette Abwechslung. Bei dem Fest jedenfalls war das Fotografieren anscheinend erlaubt.

Peruaner in Japan

Nach längerer Zeit benutzten wir auch endlich wieder Couchsurfing. Das war eine gute Abwechslung, denn nicht-japanische Reisende zu treffen, war eine Seltenheit. In insgesamt einem Monat lernten wir zwei Österreicher (Ja, es gibt sie doch auch überall auf der Welt ;-), eine Schweizerin, einen Argentinier und zwei Franzosen kennen. Es war also wieder Zeit für einen sozialen Austausch außerhalb unserer trauten Zweisamkeit. Diesmal war es eine peruanische Familie, die uns bei sich aufnahm. Ein wirklich witziger Kontrast und interessant zu hören, wie es ist, sich an das Leben in Japan zu gewöhnen. Ein paar Tipps für August, wo es dann nach Peru geht, waren ebenfalls mit inbegriffen. In ihrem eigenen peruanischen Restaurant wurden wir vor dem Schlafengehen außerdem noch mit superleckerem Essen versorgt.

Der Sushi-Himmel

Übrigens beim Thema Essen: WOW! Der Sushi-Himmel schlecht hin. Fisch so unglaublich frisch und im Vergleich zu den restlichen Lebensmitteln extrem preiswert. Da war eine Entscheidung beispielsweise, kaufen wir uns zwei Stück Äpfel oder doch lieber frischen Lachs – der Preis war nämlich derselbe. Auch alles andere war einfach genial: Ramen (Nudelsuppe in japanischem Style), Tonkatsu (panierte und gebackenes Fleisch), Udon (dicke, weiße Nudeln), Tempura (gebackenes Gemüse), Onigiri (dreieckige Reistaschen) und vieles mehr. Für alle jene, die gerne essen und Neues ausprobieren, ein echter Gourmettempel.

Um unser spirituelles Essensgleichgewicht beizubehalten (und um die eine oder andere superleckere Süßigkeit nicht verschmähen zu müssen) versuchten wir auch wie Duracell-Häschen jeden umliegenden Berg oder auch Hügel zu erklimmen. Gepaart mit einigen Radausflügen und der Verweigerung von städtischen Transportmitteln (alles unter 30 Minuten wird zu Fuß gegangen) klappte das ganz gut. Ausschlaggebend war natürlich auch, dass die Preise für Transportmittel in Japan Wahnsinn sind und dass das mit dem Sport in Ländern wie Indien und Iran (bei durchschnittlich 40 Grad und kompletter Körperverhüllung) dann aufhören wird.

Die Moral von der Geschicht’: Japan war toll, Japan war anders und Japan sollte man unbedingt einmal erlebt haben.

Liebe Grüße aus Indien, wo wir bei 38 Grad in einem Zug sitzen, der etwas langsamer als der japanische Shinkansen ist. Bei atemberaubenden 40 km/h und ohne Fenster klappt das mit der Landschaftsbetrachtung aber ganz gut. 😉